HUANG Hongzi - Porträt einer Kulturmittlerin

Frau HUANG bei einer Präsentation in Polen
Frau HUANG bei einer Präsentation in Polen © HUANG

Präsidentin des Deutschen Medien Verlages der Region China, und der Plattformen IndustryStock.com und Diribo

HUANG Hongzi ist Präsidentin des Deutschen Medien Verlages der Region China, der mit IndustryStock.com und Diribo zwei weltweit agierende B2B-Plattformen speziell für Industrieunternehmen und deren Dienstleister betreibt. Zu Frau HUANGs Verantwortlichkeitsbereichen gehört die Förderung der Handels- und Technologiekooperation zwischen chinesischen und europäischen Sensorunternehmen. Darüber hinaus sieht sich HUANG Hongzi  ebenfalls als Kulturbotschafterin, die es sich zum Ziel gemacht hat, den kulturellen Austausch zwischen Deutschland und China zu fördern. Dafür teilt sie regelmäßig Informationen über Projekte in Deutschland auf ihren chinesischen social-media Kanälen TikTok und WeChat – und das mit sehr großer Reichweite! Ihre Kanäle “A Zi in Deutschland” und “Schwester Bobei” haben derzeit über 200.000 Follower.

Frau HUANG, Sie haben an der CDHAW der Tongji Universität einen deutsch-chinesischen Doppelabschluss erworben. Können Sie als Absolventin des „best practice models“ deutsch chinesischer Bildung Ihre Erfahrung mit uns teilen?

Dieses Programm hat mir so viel gegeben, dass es mir vermutlich gar nicht gelingt, dies alles festzuhalten. Ich möchte mich bei dieser Gelegenheit für die Umsetzung dieses wundervollen Programmes sehr bedanken. Ich schätze die Impulse sehr, die ich von vielen bekannten Dozentinnen und Dozenten erhalten konnte; insbesondere gilt mein Dank an Dekan Prof. Dr. FENG Xiao, der mir auch nach Abschluss stets mit Rat und Tat zur Seite stand. Zu Dank verpflichtet bin ich auch meinen Mitstudierenden, für ihre Hilfe und ihren positiven Einfluss sowie dem starken Netzwerk, das uns trotzdem wir auf der ganzen Welt verteilt leben, in Verbindung hält. Ich habe dadurch stets das Gefühl, dass ich dadurch die Kraft erhalte, meine Arbeit fortzusetzen und meinen Weg immer weiterzugehen.

Die Studienerfahrung in Deutschland ist für mich außerordentlich wertvoll gewesen und hat meinen Lebensweg stark beeinflusst. Als ich nach Deutschland kam, lernte ich nach meinem Abschluss viele Industrieunternehmen kennen. Damals erhielt ich erste Einblicke in globale B2B-Industrieplattformen und mein Interesse hatte sich daran entfacht. Am Ende so sehr, dass ich, als die Sensorplattform diribo durch den Deutschen Medien Verlag aufgekauft wurde, sogar investierte und Teilhaberin der diribo GmbH wurde.

Die im Studium erlernten Deutschkenntnisse, das Fachwissen und die Denkweise der Deutschen kommen mir heute noch zugute. Diverse Kommunikationsmittel, eine solide fachliche Grundlage, die Angewohnheit, Prioritäten zu setzen und die Fähigkeit, schnell zu lernen, sind die hier erlernten Grundpfeiler meines Handelns. Die Sensorbranche ist Neuland für mich. Aber dank der eben genannten Kompetenzen war ich zuversichtlich, dass ich mich schnell in diese neue Branche einarbeiten kann. Jedes Mal, wenn mir das Leben Herausforderungen beschert, denke ich an meine Studienzeit und rufe mir dies in Erinnerung und gewinne Selbstvertrauen.

Was war Ihr interessantestes Erlebnis in Deutschland?

Als eine Amateurbadmintonspielerin habe ich den ersten Platz im Dameneinzelwettbewerb Südwestdeutschland erhalten und gegen eine Nationalspielerin gewonnen.  Diese Nachricht wurde sogar in der Zeitung veröffentlicht. Was für ein Highlight!

Wenn Sie an Ihre Zeit im Ausland denken, gibt es Situationen, die Sie besonders geprägt haben?

Ich erinnere mich an zwei Dinge. Erstens: einen Plan erstellen. Als Praktikantin wurde ich von Kollegen beauftragt, einen „Plan für Pläne zu machen“. Ich war darüber zunächst ziemlich verwundert, dass man einen Plan für weitere Pläne schreiben solle. Sowohl im Praktikum als auch im Berufsleben muss man sich immer zunächst ein Ziel setzen und dieses in weitere Teilziele und in kleinere Aufgaben einteilen, diese wiederum gut planen und dadurch eine Arbeitsgrundlage schaffen. Nach anfänglichen Schwierigkeiten ist dies nun zu meiner Gewohnheit geworden. Obwohl oft etwas Unerwartetes vorkommen kann, was zur Änderung des Plans führt, machen gute Pläne das Arbeiten effizienter und entspannter.

Zweitens: Details Details Details. Hahaha. Die Schriftgröße der gleichen Ebene einer PPT sollte immer einheitlich sein. Die Position der Überschriften sollten gerade ausgerichtet werden etc.

Jede Firma hat eigene Standardvorgaben für Schlagworte. Als ich zum ersten Mal eine PPT erstellen musste, achtete ich nicht so sehr z.B. auf die Position der Überschriften. Mein Vorgesetzter gab mir daraufhin eine kurze Einführung. Damals wunderte ich mich, dass mein Chef dies sich so zu Herzen nahm. Aber später stellte ich fest, dass diese Detailtreue uns half, den Respekt von Kunden zu gewinnen. Kunden teilten uns mit, dass sie sich aufgrund unserer Professionalität und dieser Sorgfalt sich für die Zusammenarbeit mit uns entschieden hatten. So lernte ich: Sorgfalt bei der Durchführung von Projekten verringert die Fehlerquote und der Schlüssel zum Erfolg.

Wie war es für Sie, als Frau in einem von Männern dominierten Studienfach zu studieren? Was ist Ihr Erfolgsrezept?

Mir war es während meines Studiums nicht im Bewusstsein, dass dies ein männerdominiertes Studienfach sei, im Prinzip hatte ich andere Sorgen.

Ich habe keine genaue Definition von Erfolg, sondern kann nur wiedergeben, was mir beim persönlich geholfen hat: Ich bemühe mich, körperlich und geistig aktiv zu bleiben. Jede Woche treibe ich mehr als fünf Stunden Sport! Auch auf Dienstreisen achte ich darauf zum Badminton oder ins Fitnessstudio zu gehen egal wie voll mein Terminkalender wird. Besonders auf Dienstreise arbeite ich gefühlt rund um die Uhr: ich schreibe nachts Berichte und muss tagsüber ein Meeting nach dem anderen abhalten, das kann sehr anstrengend sein. Aber meine körperliche und geistige Stärke hilft mir dabei sehr, solche Stressphasen gut zu überstehen. Auch wer zu viele Dinge gleichzeitig macht, wird schneller erschöpft. Wenn man sich hingegen auf eine Aufgabe konzentriert, ist man nicht nur effizienter, sondern arbeitet auch qualitativ hochwertiger.

Wie hat sich Ihre Karriere nach dem Stipendium entwickelt? Hat Sie Ihr Aufenthalt in Deutschland inspiriert?

Ein wichtiger Teil meiner Arbeit ist die Zusammenarbeit mit chinesischen und deutschen Unternehmen. Vor allem bei Industrieprojekten können die Arbeitsprozesse komplex werden. Auch gibt es große Unterschiede in der Denkweise, den Geschäftsgewohnheiten und auch den Verhaltensweisen. So muss ich die aufkommenden (kulturellen) Missverständnisse beheben, die gemeinsamen Interessen beider Seiten finden, um damit das Projekt weiter voranzutreiben.

Da ich in Deutschland studiert und gearbeitet habe, habe ich viele Dinge erlebt, die mir in China bisher unbekannt waren. Nun habe ich eine Ahnung davon, wie die Deutschen tatsächlich denken.

Sie legen ihre Arbeitszeiten gerne im Voraus fest und ändern sie nur unter besonderen Umständen. Deutsche Arbeitnehmende wollen im Urlaub nicht gestört werden. Bei Fragen oder Problemen muss man warten, bis er/sie aus dem Urlaub zurückkommt.

Bei der Projektbegleitung kann ich beide Seiten entsprechend nachvollziehen und bin so in der Lage, allen die jeweils andere Seite besser verständlich machen. Ich antizipiere immer wieder aufkommende Schwierigkeiten und kann Lösungsansätze vorschlagen.

Was würden Sie aufstrebenden Frauen mit auf den Weg geben?

Aufstrebende Frauen brauchen im Allgemeinen keine Ratschläge von mir. (Lacht herzlich) Ich kann nur sagen, dass ich rückblickend für drei Dinge dankbar bin.

Erstens: Neue Dinge und Arbeitsweisen ausprobieren und eine Liebe zur Herausforderung zu entwickeln.

Industrystock und diribo sind zwei Plattformen, die ich als Geschäftsführerin aufgebaut habe, um sie in China zu betreiben. Nach einer Marktanalyse haben mein Team und ich beschlossen, für China ein anderes Werbe- und Geschäftsmodell, als für andere Länder zu entwickeln. Ein neues Modell birgt gewisse Risiken und wir mussten einige Ansätze immer wieder verwerfen. Glücklicherweise konnten wir die gröbsten Probleme lösen und mittlerweile wachsen beide Plattformen nun stetig und übertreffen sogar die Erwartungen unserer Zentrale.

Das Gleiche gilt für meine Social-Media-Kanäle. Als ich 2020 die rasante Entwicklung von TikTok in China mitverfolgte, wollte ich unbedingt auch auf den Zug aufspringen. Meine deutschen Kolleginnen und Kollegen waren nicht sehr optimistisch, dass TikTok zur Geschäftsentwicklung förderlich sein könnte. Diese App galt zu diesem Zeitpunkt in Deutschland nur als Unterhaltungsplattform. Trotz allen Widerstandes konnte ich sie überzeugen: Man muss den ersten mutigen Schritt wagen und auf dem Weg ständig dazulernen. Inzwischen haben wir über TikTok viele sachkundige Menschen kennengelernt, darunter viele Unternehmer, und einige interessante Projekte durchgeführt.

Ich muss mich dabei bei meinem Chef bedanken, der mir viele Freiräume gelassen hat. Ein Satz von ihm beeindruckt mich immer noch: “Wir kennen den chinesischen Markt auch nicht. Probieren Sie es aus. Es gibt kein Scheitern, wenn Sie nicht unter der gleichen Prämisse erfolgreich waren.”

Zweitens: Ich bestehe darauf, ein Tagebuch zu führen und Artikel zu schreiben. Ich schreibe alles nieder, was mir geschieht und reflektiere oft, wo ich besser hätte sein können. Dieser Output ist also mein wichtigster Input. Schreiben ist daher für mich ein Prozess der Neubewertung und der Reflexion.

Drittens: Finden Sie etwas, das Sie lieben, und setzen Sie sich dafür ein. Wenn man sich auf eine Sache konzentriert und sie ernsthaft anstrebt, wird die Inspiration von alleine kommen und die passenden Partner (oder auch Partnerinnen).

„Wenn du träumen kannst – und dich von den Träumen nicht meistern läßt, wenn du jede unnachgiebige Minute ausfüllen kannst mit sechzig Sekunden Langstreckenlauf, sodann ist die Erde und alles, was sie enthält, dein.“ Rudyard Kipling

Vielen herzlichen Dank für Ihre offenen Worte und ich wünsche Ihnen weiterhin viel Erfolg und Durchhaltevermögen!

Die Portraitreihe der Spitzenfrauen des chinesisch-deutschen Alumninetzwerkes und des DAAD wurde ursprünglich auf der Webseite des DAAD China publiziert.

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