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Willkommen in Deutschland – Tipps für den Start

Turnschuhe und Reisetasche auf Asphalt mit aufgemalter Deutschlandflagge
© Getty Images/Stadtratte

Internationale Studierende sind ein Gewinn für Deutschland, auch wirtschaftlich. Rund 45 Prozent leben zehn Jahre nach ihrem Abschluss noch in Deutschland. Laut einer aktuellen Studie des trägt jeder Jahrgang internationaler Studierender langfristig weit mehr zu den Einnahmen der öffentlichen Haushalte bei, als der Staat für ihn investiert hat. Angesichts des haben Politik, Wirtschaft und Hochschulen ihre Bemühungen verstärkt, internationale Fachkräfte zu gewinnen, internationalen Studierenden den zu erleichtern und beide Gruppen besser bei der Integration zu unterstützen. Vier Deutschland-Alumnae und -Alumni aus verschiedenen Weltregionen, Altersgruppen und Fachgebieten berichten von ihren Erfahrungen mit der deutschen Willkommenskultur und geben nützliche Tipps.

Wie haben Sie ihre ersten Wochen in Deutschland erlebt, was waren die größten Herausforderungen?

Deryengul Galimbyek: Alles war aufregend anders – die Sprache, das Klima, das Essen, der Alltag. Während in der Mongolei noch von Hand gemolken wurden, schaffte die Melkmaschine in dem landwirtschaftlichen Betrieb, in dem ich mein Vorpraktikum machte, 150 Kühe in zwei Stunden. Bei dieser Bauernfamilie habe ich drei Jahre lang gewohnt, was für meine Integration unglaublich hilfreich war. Obwohl ich schon etwas Deutsch konnte, hatte ich am Anfang Angst, Fehler zu machen. Ich habe mich gern mit den vier Kindern der Familie unterhalten und dabei sehr viel gelernt.

Lawrence Wakdet: Die Landung in Frankfurt vergesse ich nie: Ich bin ewig auf dem Flughafen herumgeirrt und dann den falschen Zug gestiegen. Aber schließlich bin ich doch in Mannheim angekommen. Was mir gleich positiv auffiel: Statt laut zu hupen, warteten die Autofahrer friedlich, bis die Fußgänger die Straße überquert hatten – ganz anders als in Nigeria. Mein zweiter war, dass Deutsche im Restaurant getrennt zahlen.

Dolly Ahuja: Alles war perfekt organisiert: Ich wurde am Flughafen abgeholt und zu meinem Wohnheim gefahren, später half mir jemand, bei der Bank ein Konto zu eröffnen. Ich habe nie Deutsch gelernt, aber im Büro sprachen wir Englisch und im Alltag bin ich mit ein paar Wörtern durchgekommen. Darmstadt ist wunderbar grün, gepflegt und sauber – der sorgsame Umgang mit öffentlichem Eigentum hat mich sehr beeindruckt. Das deutsche Essen fand ich seltsam: In fast jedem Gericht steckte Fleisch, sogar im Kartoffelsalat! Ich hatte mir aber schon vor der Abreise abgewöhnt, rein vegetarisch zu essen.

Antonia Sikotakopoulou: Anfang 2019 bin ich nach Koblenz gegangen und habe zunächst im Dienstleistungsbereich gearbeitet, außerhalb meines Fachgebiets. Damals wusste ich nicht, ob ich ein Stipendium für ein Masterstudium in Deutschland bekommen würde. Mein Arbeitgeber hat mich bei der Integration nicht unterstützt, ich fühlte mich ziemlich einsam. Zum Glück habe ich das Stipendium bekommen. Mit dem Wechsel vom Angestellten- zum Studierenden-Status und dem Umzug war dann sehr viel Bürokratie verbunden. Es fiel mir schwer, das ohne Unterstützung zu bewältigen.

Was hat Ihnen geholfen, Freundinnen und Freunde zu finden und sich in Deutschland zu integrieren?

Deryengul Galimbyek: Freundschaften zu schließen war am Anfang nicht ganz einfach. Besonders geholfen haben mir Veranstaltungen für internationale Studierende, bei denen ich auch einige Deutsche kennengelernt habe, die offen und neugierig waren. Ich habe auch an einem der Hochschule teilgenommen, daraus ist eine schöne Freundschaft mit meiner deutschen Tandempartnerin entstanden. In meiner Freizeit habe ich mich ehrenamtlich in einer Kinderbetreuung und bei Nachbarschaftsprojekten engagiert. Das hat nicht nur Spaß gemacht, sondern mir auch das Gefühl gegeben, dazuzugehören.

Lawrence Wakdet: Im Deutsch-Intensivkurs in Mannheim und im Studium in Heidelberg habe ich gute Freunde gefunden. Einige Dozenten haben uns internationale Studierende nach Hause eingeladen, bei einem habe ich sogar Weihnachten gefeiert. In meiner Kirchengemeinde habe ich unter anderem eine sehr nette deutsche Familie kennengelernt. Wir sind zusammen in Museen und Konzerte gegangen und haben Ausflüge unternommen.

Dolly Ahuja: Ich habe mich mit den deutschen Studierenden angefreundet, mit denen ich mir das Apartment teilte. Mein Vorgesetzter in der IT-Abteilung hat sich darum gekümmert, dass ich auch privat Anschluss fand. Wir sind zum Beispiel alle zusammen auf den gegangen und einige Kolleginnen und Kollegen haben mich zu sich nach Hause eingeladen.

Antonia Sikotakopoulou: Bei der Welcome Week an der Technischen Universität Clausthal war es leicht, Leute kennenzulernen. Ich war von dem riesigen Angebot begeistert, das es an meiner griechischen Hochschule nicht gab: Sprachkurse, Netzwerkveranstaltungen, Sportangebote, etc. Ich habe mich unter anderem in einer Fachgesellschaft für Ingenieurstudierende engagiert. Als wir 2020 wegen der Corona-Pandemie nur noch online studieren konnten, hatte ich mir schon ein kleines Netzwerk aufgebaut.

Wie haben Sie sich in Deutschland persönlich weiterentwickelt?

Deryengul Galimbyek: Meine Zeit in Deutschland hat mich nicht nur fachlich, sondern auch menschlich geprägt. Ich bin mutiger, selbstständiger und verantwortungsbewusster geworden, weil ich vieles allein meistern musste. Menschen aus unterschiedlichen Kulturen kennenzulernen hat mich offener und toleranter gemacht. Deutschland hat mir gezeigt, was möglich ist, wenn man seine Chancen nutzt. Heute versuche ich, als Dozentin Brücken zwischen unseren Ländern zu bauen.

Lawrence Wakdet: Ich habe viel über gelernt. sind für mich Pünktlichkeit, das Streben nach technischer Perfektion und eine Kultur des Respekts vor anderen Menschen. Das habe ich mitgenommen.

Dolly Ahuja: Meine Kolleginnen und Kollegen waren mit viel Energie bei der Arbeit. Wenn es ein Problem gab, gingen sie es sofort an und schoben nichts auf. Sogar in ihre Hobbies hängten sie sich richtig rein! Ich habe in Deutschland gelernt, dass man hart arbeiten muss, um seine Träume zu verwirklichen.

Antonia Sikotakopoulou: Meine Erfahrungen als Arbeitnehmerin und Studentin haben mir geholfen, strukturierter zu werden. Inzwischen plane ich sogar meine Urlaube genau durch. Mir ist außerdem klar geworden, wie wichtig und sind. Dass ich mich am Anfang allein durchkämpfen musste, war hart. Aber ich habe meine Ziele trotzdem erreicht, das hat mein Selbstbewusstsein gestärkt.

„Die deutsche Sprache ist der Schlüssel zu allem“

(Deryengul Galimbyek)

Welche Tipps haben Sie für andere, die einen Deutschlandaufenthalt planen?

Deryengul Galimbyek: Die ist der Schlüssel zu allem. Ich rate meinen Studierenden, dass sie sich trauen sollen, viel zu sprechen. Wichtig ist auch, aktiv am Alltagsleben teilzunehmen und Kontakt zu Deutschen zu suchen, etwa bei Freizeitaktivitäten. Auch wenn es mal Rückschläge gibt, sollte man nicht aufgeben – mit der Zeit findet man seinen Platz.

Lawrence Wakdet: Mein Tipp ist, lieber in kleine Städte zu gehen als in große, denn dort ist es oft einfacher, Leute kennenzulernen. Wer religiös ist, kann sich einer Gemeinde anschließen. Auch ein Sportverein oder andere Hobbies helfen, Kontakte zu knüpfen.

Dolly Ahuja: Man sollte sich vorab gut informieren – nicht nur aus Büchern und dem Internet, sondern auch durch den Austausch mit Menschen, die schon Erfahrungen in Deutschland gesammelt haben.

Antonia Sikotakopoulou: Sehr wichtig ist, sich frühzeitig nach Angeboten von Hochschulen, Stadtverwaltungen oder Vereinen zu erkundigen, die bei der Integration helfen, das hatte ich nicht gemacht. Über soziale Medien oder Alumni-Netzwerke kann man auf viele Fragen Antworten von Menschen bekommen, die schon in Deutschland sind. Ich engagiere mich beim und habe zum Beispiel schon Tipps gegeben, wie man ein Motivationsschreiben für eine aufsetzt oder wie man sein Netzwerk erweitert.

Was könnte internationalen Studierenden die Integration in Deutschland erleichtern?

Deryengul Galimbyek: Orientierungs- und Betreuungsangebote der Hochschulen sind gerade am Anfang sehr wichtig. Außerdem wäre es toll, wenn die Hochschulen mehr studienbegleitende Deutschkurse mit Alltagsbezug anbieten würden. Mehr Freizeitangebote oder Tandemprogramme könnten den Austausch fördern. Auch die deutsche Seite kann viel zur Integration beitragen: Wenn sich deutsche Lehrende und Studierende besser auf kulturelle Unterschiede vorbereiten würden, gäbe es im Alltag mehr Verständnis und Offenheit.

Lawrence Wakdet: Internationalen Studierenden sollten neben dem Studium mehr arbeiten dürfen. Einige haben in ihren Herkunftsländern Angehörige, die sie unterstützen müssen. Und ein Nebenjob kann auch die Integration fördern.

Antonia Sikotakopoulou: Die Hochschulen sollten für ihre vielfältigen Angebote besser werben. Ich selbst entdecke interessante Veranstaltungen häufig nur durch Zufall. Studieninteressierten aus dem Ausland würde es sehr helfen, wenn auf den Hochschulseiten Antworten auf Standardfragen stehen würden – nicht nur zum Studium, sondern auch zum Alltag in Deutschland. Die Informationen sollten übersichtlich angeordnet und leicht zu finden sein. Viele Hochschulseiten sind leider sehr unübersichtlich.

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