Wirkung von Sozialunternehmertum

Zwei junge afrikanische Geschäftsfrauen stehen lächelnd in einem modernen Büroraum. Im Hintergrund sieht man den Schriftzug "Innovate".
© Getty Images/Jonathan Erasmus

Fünf Expert:innen, fünf Fragen: Frage 3

Social Entrepreneurship umfasst unternehmerische Konzepte, die gesellschaftliche Herausforderungen auf innovative Weise unternehmerisch lösen möchten und bei denen nicht die Gewinn-, sondern die Wirkungsorientierung im Vordergrund steht. Was sind Vorteile von Social Entrepreneurs/ Businesses gegenüber „konventionellen” Formen des Engagements (z.B. durch NGOs und Ehrenämter etc.)?

Ingo Steffgen

Als MBA Absolvent und jemand der über 10 Jahre in einem Großkonzern tätig war, hatte ich seither Schwierigkeiten, die Nachhaltigkeit karitativer Geschäftsmodelle zu verstehen: Sozialunternehmertum erschien damals und auch heute als gesunder Mittelweg. In meiner Zusammenarbeit mit kleinen NGOs hat sich oft gezeigt das reine Fremdfinanzierung oft eine singuläre Abhängigkeit zu nur einem Geber schafft; die Rekrutierung und gerechte Bezahlung von gutem Personal schwierig wird; und die "Vermarktung" der Maßnahmen eine weitreichende gesellschaftliche Akzeptanz verhindert. Die finanzielle Diversifikation von Sozialunternehmen erlaubt in allen Bereichen mehr Spielraum, insbesondere da gewinnbringende, aber auch verlustschreibende, unter Umständen sozial wichtigere Projekte balanciert umgesetzt werden können.

Magdalena Parcheva

Die Vorteile von Social Entrepreneurship betreffen in erster Linie die Umsetzung sozialer Geschäftsmodelle. Eine entscheidende Eigenschaft von sozialen Geschäftsmodellen ist, dass sie Engagement für eine gesellschaftliche Aufgabe und die Schaffung und Umsetzung sozialer Innovationen voraussetzen, die gesellschaftliche Auswirkungen zum Ziel haben. Auf der anderen Seite ist aber auch der geschäftliche Aspekt sehr wichtig: die Entwicklung von Aktivitäten, die eine sich selbst tragende, funktionierende Organisation und die Umsetzung von Finanzierungszielen im Zusammenhang mit der gesellschaftlichen Aufgabe ermöglichen.

Die Vorteile gegenüber traditionellen Ansätzen liegen hier in der Beziehung zwischen sozialen Innovationen und sozialen Unternehmen.

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Raju Gurung

Als Sozialunternehmen kann man sich nur bedingt halten, wenn kein nachhaltiger Gewinn erwirtschaftet wird und ständig externe Finanzspritzen benötigt werden, um das Unternehmen aufrechtzuerhalten. Ide alerweise sollte durch die Konzentration auf die Schaffung von Wirkung der Gewinn als eine natürliche Folge auftreten.

Gemeinnützige Organisationen und traditionelle Formen von NGOs sind nach wie vor für viele Initiativen in Bereichen wie Katastrophenhilfe und Hungerbekämpfung von Bedeutung. Wir müssen aber auch erkennen, dass der Betrieb vieler dieser größeren Organisationen immer teurer wird, dass sie teilweise sehr bürokratisch strukturiert sind und daher nur langsam Wirkung erzielen. Das liegt oft auch daran, dass eine Kluft zwischen der Einrichtung an sich und dem Ort, an dem die Wirkung erzielen soll, besteht. Sozialunternehmen bieten die Gelegenheit, maßgeschneiderte Lösungen für lokale Probleme auf effiziente Weise zu entwickeln. Dabei können Sie natürlich mit größeren NGOs zusammenarbeiten und dies wiederum gibt Anreize für NGOs, die Art und Weise zu überdenken, wie sie arbeiten und ihre Wirkung erzielen.

Evans Quartey Hammond

Um die Vorteile des Sozialunternehmertums gegenüber traditionellen Formen des Engagements, wie z.B. NGOs, zu verstehen, müssen wir uns darüber im Klaren sein, dass der Unterschied auf die zugrundeliegende Motivation zurückzuführen ist – während NGOs ausschließlich aus Altruismus handeln, beziehen Sozialunternehmer:innen ihre Motivation sowohl aus Altruismus als auch aus der Erzielung von Gewinn aus ihren Initiativen. Das Sozialunternehmertum wendet kommerzielle Strategien an, um die Verbesserung des finanziellen, sozialen und ökologischen Wohlstands zu maximieren. Dies kann sowohl die Maximierung der sozialen Auswirkungen als auch die Erzielung von Gewinnen für die Miteigentümer:innen beinhalten, damit auch diese ihre Ziele erreichen können.

Die Budgets von Nichtregierungsorganisationen (NGOs), die eine wichtige Rolle in der internationalen Entwicklung spielen, bewegen sich zwischen Millionen und Milliarden von Dollar jährlich. Sie sind daher völlig abhängig von einer Vielzahl von Finanzierungsmöglichkeiten, die von privaten Spenden und Mitgliedsbeiträgen bis hin zu staatlichen Zuwendungen reichen. Dies führt dazu, dass einige NGO-Initiativen statisch und strukturell unbeweglich werden und leicht scheitern können, wenn ihnen keine Mittel zur Verfügung gestellt werden. Das Sozialunternehmertum signalisiert die unbedingte Notwendigkeit, den sozialen Wandel voranzutreiben und dabei eigene Einnahmen und Gewinne zu erzielen. Es ist dieser potenzielle Gewinn mit seinem langfristigen, transformativen Nutzen für die Gesellschaft, der das Sozialunternehmertum und seine Akteur:innen von traditionellen NGOs unterscheidet.

Tamara Ferreira Schmidt

Den Unterschied zwischen Social Entrepreneurship und anderen Formen sozialen Engagements sieht man an den Ergebnissen, nicht an der unternehmerischen Ausgangssituation oder den persönlichen Eigenschaften der Gründer und Gründerinnen. Die „konventionellen“ Formen von Engagement durchbrechen nie ihren begrenzten Rahmen: Ihr Einfluss bleibt bedingt, ihr Tätigkeitsbereich beschränkt sich auf eine örtliche Bevölkerung und ihr Spielraum wird durch die Mittel, die sie auftreiben können, bestimmt. Diese Projekte sind von Natur aus verletzlich und das kann zu Unterbrechungen oder gar dem Verlust der Leistung für die unterstützte Bevölkerung führen. Das Ergebnis von Social Entrepreneurship wäre dagegen ein stabiles, neues Gleichgewicht mit einem System, das so robust ist, dass es nicht beeinträchtigt wird, wenn ein Aspekt nicht nach Plan läuft, sodass die Gemeinschaft weiterhin profitiert.

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