Julen Sánchez tourte mit Fahrrad und Ruderboot von Europa in die USA. Damit verband er seine beiden Leidenschaften Sport und Reisen und setzte außerdem ein kraftvolles Zeichen für Nachhaltigkeit.
160 Tage, auf dem Fahrrad und im Ruderboot, von Paris bis nach Pittsburgh. Auf einer außergewöhnlichen Reise vereinte Julen Sánchez seine Reiselust mit Extremsport und Nachhaltigkeit. „Die Idee ist aus dieser Alliteration geboren: Paris und Pittsburgh“, erklärt der 29-jährige Student. „Donald Trump hatte in seiner ersten Amtszeit den Ausstieg aus dem Pariser Klimaschutzabkommen damit begründet, dass er für Pittsburgh gewählt wurde, nicht für Paris.“ Sánchez wollte mit seiner Mammutreise zeigen, dass man bei globalen Problemen wie der persönlich nicht verzagen darf und ein Zeichen für internationale Kooperation in Sachen setzen.
Das Reise-Paradox
Sánchez wuchs in einem deutsch-spanischen Elternhaus im auf. Weltoffen und reiselustig war er schon immer. „Da gab es aber immer diese eine Frage, die mich vor ein Paradox gestellt hat. Es ging darum, dass meine Art und Weise, die Schönheit der Welt kennenzulernen, gleichzeitig dazu beiträgt, die Schönheit weiter zu verletzten, sodass sie vielleicht irgendwann gar nicht mehr da ist.“ Je mehr er von der Welt gesehen hatte, desto mehr wollte er sie schützen. Als er dann innerhalb einer Woche zuerst jemanden traf, der mit dem Fahrrad durch Mexiko reiste und dann zwei Leuten begegnete, die mit dem Holzboot über Teile des Atlantiks schifften, wusste er: , ohne Unmengen an CO2.
Die Fahrradstrecke von Paris bis nach Portugal war relativ unkompliziert, erinnert sich Sánchez. Er radelte mehr oder weniger drauf los und kam nach 27 Tagen an der Algarve-Küste an. Die Atlantik-Überquerung im Ruderboot musste er ausgiebiger planen, sich mit seinem Team um ein Sicherheitskonzept, ausreichend Nahrung, sowie wasserfeste Musikboxen für die knapp viermonatige Fahrt in sozialer Isolation kümmern. Nach knapp drei Jahren logistischer, körperlicher und mentaler Vorbereitung konnte er 2021 endlich in See stechen.
Zwischen Sturm und Stille
So wie die Wellen, über die er ruderte, war die Reise auch mental ein Auf und Ab. „Schon nach elf Tagen kam ein ziemlich großer Sturm, der alles übertraf, was wir eingeplant hatten. 72 bis 96 Stunden, haushohe Wellen.“ Als der Unterwasserfallschirm abriss, der das Boot im Sturm stabilisiert, war Sánchez kurz davor, den Notruf abzusetzen – aber bekam die Situation an Deck dann noch selbst in den Griff. „Dann war klar, wenn wir das überstehen können, dann werden wir es jetzt auch ganz rüber schaffen.“ Auch wenn Sánchez allein auf offener See war, spricht immer von einem „Wir“ – er, sein Boot und das Team an Land.
Ein „Auf“-Moment der 131-tägigen Ruderfahrt über den „großen Teich“ war die Silvesternacht von 2021 auf 2022. „Das ist mitten auf dem Ozean eigentlich eine normale Nacht, weil man so weit vom Festland entfernt natürlich nichts von Feiern oder Feuerwerk mitkriegt.“ Plötzlich begann aber der Ozean zu funkeln. Meeresleuchten, biolumineszenter Plankton, der das Wasser zum Schimmern bringt, wenn man es berührt. „Um Mitternacht dachte ich mir dann: Das ist gerade so magisch. Also bin ich mit einem Köpper in den dunklen Ozean gesprungen und wie ein Avatar glühend durch das Wasser geschwommen. Dabei war ich natürlich mit dem Boot verbunden.“
Delfine, Wale und Karneval
Auch das hautnahe Erleben der sei etwas, dass die isolierte Reise erleichtert habe. „Die gleiche Gruppe Douradofische hat mich über 5000 Kilometer jeden Tag begleitet. Die kamen abends immer hoch und haben unter dem Boot kleine Fische gejagt.“ Auch Delfine und verschiedene Walarten habe er öfters getroffen. Teilweise habe er sich wie in einer ambienten Naturdokumentation gefühlt. „Eine der spannendsten Sachen am Ozean ist, dass diese unfassbare Ruhe, der unfassbare Frieden fast schon süchtig macht.“ Das spüre er bis heute, sodass der Rheinländer laute Menschenmeere wie zu Karneval eher meidet.
Extrem reisen, international studieren
Sánchez ist nicht nur auf Reisen ein Grenzgänger, auch seine Studienlaufbahn ist international. Er hat in den Niederlanden und Bonn Psychologie studiert und ein -Jahr in Madrid absolviert – wertvolle Erfahrungen, die ihm auf seiner interkontinentalen Mission geholfen haben. Gerade studiert er „High Performance“-Psychologie im Master in Amsterdam, weil er sich für die mentalen Faktoren hinter extremen Leistungen interessiert.
Sein Ziel ist es, die psychologischen Fertigkeiten, die er auf seiner Reise von Paris bis nach Pittsburgh eingesetzt und weiterentwickelt hat, an Extremsportler weiterzugeben, wissenschaftlich fundiert. Pittsburgh war übrigens nur das offizielle Ende seiner großen Reise. „Ich war nach der Überfahrt sowieso so gut trainiert, da dachte mir: Komm, dann nimmst du Kanada auch noch mit.“ Und so wurden aus 160 Tagen 200.