Im Kampf gegen Stechmücken

Eine Stechmücke sitzt auf einem grünen Blatt.
Mückenarten der Gattung Aedes können gefährliche Krankheiten übertragen, aktuell breiten sie sich auch in Deutschland aus. © Getty Images/FrankRamspott

Stechmücken der Gattung Aedes können gefährliche Viruserkrankungen wie Dengue, Gelbfieber oder Zika übertragen. Doch bis heute ist es eine Herausforderung, ihre Ausbreitung auf umweltverträgliche Art zu bekämpfen. Der jahrzehntelange Einsatz chemischer Insektizide hat dazu geführt, dass die Mücken Resistenzen entwickelt haben. „Außerdem können chemische Insektizide Gesundheits- und Umweltschäden verursachen“, sagt Lucas Henrique Prates, dessen Heimatland Brasilien weltweit zu den größten Verbrauchern herkömmlicher Pestizide gehört. Schon im Bachelorstudium entdeckte Prates sein Hauptforschungsinteresse: umweltfreundliche Methoden zur Kontrolle schädlicher Insekten.

Seit 2020 entwickelt der Doktorand am Institut für Insektenbiotechnologie der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU) ein innovatives Verfahren, um die Ausbreitung von Stechmücken mithilfe von RNA-Interferenz (RNAi) zu bekämpfen. „RNA-Interferenz ist ein natürlicher Verteidigungsmechanismus, mit dem Lebewesen Viren abwehren“, erklärt er. Dabei wird die Ausbreitung des Virus verhindert, indem die Übersetzung seiner Boten-RNA in ein Protein unterbrochen wird. Diesen Mechanismus macht sich die moderne Biotechnologie zunutze. Der Einsatz doppelsträngiger RNA (dsRNA) ermöglicht es, bestimmte Gene gezielt anzusteuern, um sie „abzuschalten“. Prates‘ Forschung zielt auf Gene, die wichtige Lebensfunktionen von Stechmückenlarven steuern.

In seinen aktuellen Experimenten produziert Prates dsRNA in Bakterienkulturen und reichert damit das Futter von Aedes-Larven an. „Dabei muss ich sehr genau und sauber arbeiten, um Verunreinigungen zu vermeiden“, erzählt er. „Die Entwicklung der Larven – bis zu ihrem Tod, wenn alles klappt – muss ich dann täglich überwachen. Daher bin ich auch mal am Wochenende oder zu Weihnachten im Labor!“ Die größte Herausforderung bei seiner Forschungsarbeit sei, die dsRNA stabil bis zu ihrem Zielort zu bringen: „Die Moleküle zerfallen sehr leicht auf ihrem Weg in die Zellen der Larven.“

„Mich fasziniert an den Naturwissenschaften, dass wir auf ihrer Basis zumindest versuchen können, die Welt zu verstehen.“

Schon in seiner Schulzeit in Janaúba im Norden des Bundesstaats Minas Gerais begeisterte sich Lucas Prates für Biologie, Chemie und Physik: „Mich fasziniert an den Naturwissenschaften, dass wir auf ihrer Basis zumindest versuchen können, die Welt zu verstehen.“ Während des Bachelorstudiums der Chemieingenieurwissenschaften an der Universidade Federal de Viçosa verbrachte er 2012 ein Studienjahr im portugiesischen Aveiro. „Das hat meinen Horizont enorm erweitert, ohne diese Erfahrung wäre ich heute ein anderer Mensch!“

Seine Masterarbeit schrieb Prates in Viçosa über die Verwendung ätherischer Öle als Biopestizide. Nach dem Abschluss sah er in Brasilien, wo die Regierung Bolsonaro die Budgets für Forschung und Wissenschaft drastisch gekürzt hatte, keine Zukunft. „Außerdem wollte ich gern noch mehr Auslandserfahrung sammeln. Die Forschungsgruppe von Professor Marc Schetelig an der JLU, die perfekt zu meinen Interessen passt, hat mich sehr freundlich aufgenommen. Und zum Glück habe ich ein Promotionsstipendium vom DAAD bekommen, für das ich sehr dankbar bin.“

Kleiner Kulturschock bei der Ankunft in Deutschland

Die Ankunft in Deutschland bedeutete für Prates trotzdem erst einmal einen Kulturschock: „In Brasilien kann man sehr viel digital erledigen und überall mit Karte bezahlen – ich war irritiert, dass man hier Formulare per Hand ausfüllt und Bargeld dabeihaben muss. Und die Sprache ist natürlich sehr schwer, zum Beispiel die richtige Anrede. Der 20-jährige Trainer im Fitnessstudio war sehr erstaunt, dass ich ihn gesiezt habe. Inzwischen fühle ich mich hier aber fast zu Hause.“ Er habe auch verstanden, warum es in Deutschland außerhalb der Universität schwierig sei, Kontakte zu knüpfen: „In Brasilien lernt man sehr schnell viele Leute kennen, verliert aber genauso schnell wieder den Kontakt, wenn man umzieht. In Deutschland halten Freundschaften oft jahrzehntelang. Ich würde nicht sagen, dass das eine besser ist als das andere, es ist einfach ein kultureller Unterschied.“

Neben dem Fitnesstraining spielt Prates Squash und geht gern joggen, vor einem Jahr hat er am Berlin-Marathon teilgenommen: „Es war toll, die Energie der Stadt zu spüren!“ Was ihm an Deutschland sonst noch gefällt? „Die Sicherheit, das lösungsorientierte Denken der Menschen, der Wechsel der Jahreszeiten. Das deutsche Brot und der deutsche Kuchen. Und natürlich das Bier!“

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