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„Wer den Weltraum kontrolliert, kontrolliert die Erde“

Ein Raumfahrt-Roboter auf der Mondoberfläche
© Getty Images/dima_zel

Deutschland strebt mit Kraft in Richtung Weltall: Zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik gibt es ein eigenes . Die CSU-Politikerin Dorothee Bär ist in der Koalition von Union und SPD für das Thema zuständig. Wie sich die Raumfahrt weltweit gerade entwickelt, berichtet uns -Alumnus Dr. Daniel Angerhausen. Der Astrophysiker arbeitet nach einer mehrjährigen Tätigkeit bei der US-Raumfahrtbehörde inzwischen an der .

Herr Dr. Angerhausen, Promis wie Katy Perry fliegen ins Weltall, Unternehmer wie Elon Musk investieren in Satellitenprogramme und China arbeitet an einer Mondlandung: Wo steht die globale Raumfahrt heute?

Angerhausen: Ich glaube, in der Raumfahrt findet gerade eine ausgeprägte Übergangsphase statt, in Richtung einer Kommerzialisierung. Die Technologie hat sich über die letzten 50, 60 Jahre, aber speziell die letzten zehn Jahre sehr weiterentwickelt. Außerdem ist zuletzt sehr viel privatisiert worden. Nun beginnt eine Phase, für die Zeitenwende vielleicht ein zu großes Wort ist, aber es ist eine wichtige Übergangsphase: Es lohnt sich jetzt, in den Weltraum zu investieren. Finanziell und kommerziell, weil da einfach Geschäfte gemacht werden können.

Jetzt beginnt eine Zeit, wo militärische Vorteile durch Präsenz im Weltall gesehen werden, wo ein Satellitennetzwerk wie Starlink von Elon Musk sich lohnt, wo jedes Land inzwischen seine eigenen Satelliten hat. Und es gibt ja ganz viele Nutzungsmöglichkeiten des Weltraums auch für Privatleute bis zur Beobachtung des eigenen Obstgartens via Satelliten.

Was ist die Triebfeder für diesen kostspieligen Ausbau?

Angerhausen: Derzeit wird vermutlich von den beteiligten Staaten und den beteiligten Unternehmen hauptsächlich aus strategischen, aus Prestigegründen in den Weltraum investiert. Aber es hat natürlich jeder den Gedanken im Hinterkopf, dass da kommerziell irgendwann was passiert. Vergleichen wir es mit der KI, wo gerade ein enormer Wettbewerb stattfindet – so ähnlich ist es im Weltraum. Es geht hier um die Zukunft etwa bei dem bereits laufenden Projekt einer Mondstation. Denn wer den Mond kontrolliert, kontrolliert den Weltraum. Wer aber den Weltraum kontrolliert, kontrolliert die Erde – also da stecken schon strategische Gedanken dahinter.

Geht es also vor allem um politisches Interesse, also quasi Macht?

Angerhausen: Ja, aber dazu kommen eben die kommerziellen Überlegungen. Wenn so viel Geld in die Infrastruktur gesteckt wird wie derzeit, wird das auch irgendwann ausgenutzt. So wie zu Beginn des Internets. Das war anfangs auch nur ein militärisches Forschungsnetzwerk, mit der Idee, sich überall zu vernetzen. Und bei Glasfaser haben anfangs alle gedacht, das braucht doch kein Mensch – und heute können wir gar nicht ohne leben. So ähnlich kann man sich das mit dem Mond vorstellen. Wenn da jetzt anfangs aus vielleicht militärischen Gründen Milliarden um Milliarden in die Hand genommen werden, um da einen Claim zu setzen, wird es irgendwann andere Leute geben, die das anders nutzen.

Die Möglichkeiten sind sehr vielfältig. Ich persönlich habe ein kleines Startup, mit dem wir die Oberfläche des Monds erkunden können. Da geht es dann zum Beispiel darum, Höhleneingänge zu finden, wo Basen errichtet werden können. Aber es gibt es auch Möglichkeiten für Tourismus, Hotels auf dem Mond zu bauen, dort eine Netflix-Realityserie zu drehen oder ähnliches.

Der Mond ist dann aber nur eine Kulisse, oder?

Angerhausen: Es wird auch die Option geben, eine Art Bergbau auf dem Mond zu betreiben. Helium 3 ist so ein Thema, über das viel diskutiert wird, da es potenziell ein Treibstoff für zukünftige Fusionsenergie auf der Erde ist. Es kann auch sein, dass es auf dem Mond Felder gibt mit seltenen Erden. Außerdem könnte auf dem Mond der Treibstoff für Expeditionen ins weitere Weltall gewonnen werden, was ein enormer Fortschritt wäre. Dadurch würde der Mond außerdem unsere Basis sein, für weitere Reisen sein – der Zwischenschritt zum Mars.

Selbst wenn diese intensivierte Raumfahrt in den nächsten zehn Jahren noch kein gewinnbringendes Geschäft sein sollte, wird aber jetzt gerade investiert und werden damit die Weichen gestellt. Der Aufbau der Infrastruktur, der gerade stattfindet, stimuliert die ganzen Projekte, die jetzt noch nach Zukunft klingen.

Die neue Bundesregierung will nun mit einem Raumfahrtministerium mitmischen. Ist das sinnvoll?

Angerhausen: Ich finde die Idee nicht schlecht, ein eigenes Raumfahrtministerium zu eröffnen. Die Frage ist aber, wie es umgesetzt wird. Ist es nur symbolisch, ist es nur Aktionismus? Oder ist es wirklich substanziell, um in die Zukunft zu investieren? Daran entscheidet sich der Erfolg solch eines neuen Ministeriums. Und die Frage ist, wie die Struktur innerhalb Europas ist, ob es europäische Weltraumvorhaben unterstützt.

Ein großer Vorteil könnte sein, sich selbstständiger und unabhängiger zu machen von anderen Mächten wie den USA und Russland. Außerdem ist auch die mit mehr Engagement in der Raumfahrt verbundene Forschung wichtig. Wenn als Folge solch eines neuen Bundesministeriums mehr Geld in Bildung und Forschung investiert wird, ist das sehr gut.

Wie sollte das Ministerium vorgehen?

Angerhausen: Ich würde der Regierung empfehlen, sich auf seine Stärken zu besinnen. Wir werden sicher nicht mit der kompletten amerikanischen Raumfahrt konkurrieren können auf absehbare Zeit. Es geht darum, eine Nische zu finden. Was ist das, was Deutschland besonders gut kann? Was ist vielleicht auch die Expertise in Deutschland, was sind hier gute Abläufe? Es wäre Aufgabe des neuen Ministeriums zu analysieren, wo sind die Stärken und Schwächen des Standorts. Das wäre der erste Schritt, quasi eine Inventur der Lage.

Als nächstes sollte es dann vielleicht in den europäischen Kontext eingeordnet werden mit der Frage, wo sich die deutschen Stärken gut einbringen lassen. Es geht also nicht darum, einfach Space X zu kopieren oder ein deutsches Starlink zu bauen. Sondern es geht zum Beispiel darum zu sagen, wir sind gut darin, Plattformen zu bauen oder spezielle Chips herzustellen und dann zu schauen, wie das mit den Fähigkeiten der anderen zusammenpasst.

 
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