Blei und Böller – Silvesterbräuche in Deutschland

Familie mit Wunderkerzen am Silvesterabend
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An Silvester, dem letzten Tag des Kalenderjahres, lassen viele Menschen in der ganzen Welt das vergangene Jahr Revue passieren und blicken, meist verbunden mit guten Vorsätzen oder neuen Plänen, in die Zukunft. Oft pflegen sie zum Jahreswechsel auch bestimmte Silvesterbräuche und Traditionen.

In Deutschland sind gemeinsame Aktivitäten mit Familie und Freunden am Silvesterabend besonders beliebt. Dazu zählen bestimmte Formen des Essens, wie zum Beispiel das Fondue, bei dem Fleischstücke in einem Topf direkt auf dem Tisch in Öl gegart und mit Saucen und Beilagen gegessen werden. Noch beliebter ist das aus der Schweiz stammende Raclette, bei dem man unterschiedlichste Zutaten individuell in kleinen Pfännchen mit Käse überbackt. Diese Art von Abendessen ist für den Silvesterabend so gut geeignet, weil man dabei stundenlang essen und sich unterhalten kann, während man gemeinsam auf Mitternacht wartet.

Die Schuppe im Geldbeutel

Traditionellere deutsche Silvestergerichte gehen zumeist auf den Wunsch der Menschen zurück, im neuen Jahr viel Glück und Erfolg zu haben und alles Schlechte hinter sich zu lassen. So steckte man früher an Silvester in Deutschland eine Schuppe des Karpfens, der abends auf den Tisch kam, in die Geldbörse, in der Hoffnung, sie würde einem im kommenden Jahr stets zu ausreichend Geld verhelfen. Linsen aß man gern an Silvester, da man ihre Form, die an kleine Münzen erinnert, als Symbol für den erhofften Wohlstand betrachtete. Und auch jenseits des Essens war der Sinn oder Aberglaube, der sich hinter vielen deutschen Silvesterbräuchen verbarg, die Sehnsucht nach Glück, Gesundheit und einem guten Auskommen.

Das Böse raus, das Glück herein – die Bedeutung der Silvesterbräuche

Feuerwerk, Fackeln und Kerzen, die an Silvester schon immer in großer Zahl entzündet wurden, sollten böse Geister vertreiben und Gutes bringen. Nicht nur das Licht, sondern auch der Lärm diente symbolisch diesem Zweck. Auf den Dörfern in Westfalen hämmerten Schmiede das alte Jahr im wahrsten Sinne des Wortes aus, indem sie sich um den Amboss versammelten und abwechselnd auf ihn einschlugen. Ein anderer alter Silvesterbrauch bestand darin, dass die Familie oder Freunde den Mitternachtssekt – früher war es oft Punsch statt Sekt – alle aus einem Glas tranken, das schließlich einer über die Schulter warf und zerbrach. Dieser Brauch stand symbolisch für die Gemeinschaft der Menschen, der die Scherben Glück bringen sollten.

Silvester heute: Glücksbringer und „Brot statt Böller“

Auch heute sind um den Jahreswechsel in Deutschland verschiedene Glückssymbole besonders präsent: Typisch sind unter anderem kleine Schweine, zum Beispiel aus Marzipan, Schornsteinfeger oder vierblättrige Kleeblätter, die an Silvester verschenkt werden. Allerdings denken vermutlich viele Menschen, die in der Silvesternacht Raketen abfeuern und Wunderkerzen anzünden, dabei nicht mehr an die Vertreibung böser Geister.

Der Sinn des Feuerwerks und die damit verbundenen Ausgaben in Millionenhöhe stehen seit Jahrzehnten immer wieder in der Kritik, zumal die Abfälle der Feuerwerkskörper oft noch Tage nach Silvester die Straßen verschmutzen und nicht richtig entzündete Raketen jedes Jahr Unfälle verursachen. Seit 1982 gibt es daher die Initiative „Brot statt Böller“, eine Kooperation des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend in der Region München und der Evangelischen Jugend München, die zu Silvester Spenden sammelt und damit gemeinnützige Projekte in Entwicklungsländern unterstützt.

Beliebter Brauch: Bleigießen

Ein alter, aber immer noch geschätzter Silvesterbrauch in Deutschland ist der des Bleigießens, das viele Leute nach Mitternacht machen. Beim Bleigießen bringt man kleine Blei- oder Zinnstücke über einer Kerze in einem Pfännchen oder Löffel zum Schmelzen. Das geschmolzene Blei gießt man in kaltes Wasser, wo es sofort kalt und starr wird und eine neue Form erhält. Die so entstehenden Gebilde oder Figuren werden dann – mithilfe der eigenen Fantasie oder einer speziellen Schablone – als Symbol und Voraussage für das gedeutet, was das neue Jahr der jeweiligen Person bringen wird.

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