Deutsch im wissenschaftlichen Austausch

Gruppe von Wissenschaftler:innen im Gespräch
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Was macht Deutsch als Fremdsprache attraktiv? Warum lohnt es sich, die Sprache im wissenschaftlichen Kontext zu lernen? Fünf Deutschland-Alumni berichten, wie sie Deutsch gelernt haben und weshalb ihnen die Sprache wichtig ist. 

Zweite Muttersprache

„Mein Vater war auf der Deutschen Schule in Lima, weil mein Großvater aus der Schweiz eingewandert ist. Und ich habe schon als Vierjährige ,Alle meine Entchen‘ gesungen, weil ich damals in den Kindergarten der Deutschen Schule kam. Am Wochenende habe ich deutsche Kinderfilme wie Pumuckl geschaut. Diese Erinnerungen verbinden mich sehr mit Deutschland. Nach dem spielerischen Deutschlernen in den ersten Jahren war der Grammatikunterricht in der Schule trotzdem schwer für mich. Deutsch ist eine sehr präzise Sprache, man kann vieles mit wenigen Wörtern genau beschreiben. Das gefällt mir. Nach der Schule wollte ich ins Ausland gehen. Mit dem Stipendium für Absolventen deutscher Auslandsschulen konnte ich sogar ein gesamtes Architekturstudium in Deutschland abschließen. Ich habe 2014 mein Studium an der Technischen Universität Stuttgart mit einem Diplom absolviert und heute arbeite ich in einem international tätigen Architekturbüro in München.“

Eileen Dorer
Die Diplomingenieurin und angehende Architektin aus Peru lernte Deutsch an der Deutschen Schule Alexander von Humboldt in Lima. Sie legte dort ihr Abitur als Jahrgangsbeste ab.

Austausch auf Deutsch

„Die Rechtssysteme in Ostasien, die im 19. Jahrhundert eingeführt wurden, bauen auf dem deutschen Recht auf. Für Juristen, die wissenschaftlich arbeiten möchten, ist es deshalb sehr sinnvoll, Deutsch zu lernen. Ich kam 1983 zum Studium an die Universität Freiburg. Bis ich die Sprache wirklich gut konnte, hat es zwei Jahre gedauert. Nach dem Magisterabschluss bin ich wieder nach Freiburg gegangen, um meine Dissertation über Zivilprozessrecht in Deutschland und Japan zu verfassen. Auf Deutsch zu schreiben war harte Arbeit. Das Schwierigste für Japaner ist aber die Aussprache. Ich habe mir am Anfang selbst laut aus der Zeitung vorgelesen, sogar wenn ich den Inhalt nicht verstanden habe, und viele Phonetikübungen gemacht. Deutsch als Wissenschaftssprache spielt auf den Symposien des Ostasiatischen Fachnetzwerks Rechtswissenschaft eine große Rolle, nur wenige Vorträge sind auf Englisch. Es wird auch auf Deutsch diskutiert. Das letzte Treffen haben wir 2017 in Kyoto ausgerichtet, zum Thema Menschenrechte in Europa und Asien.“

Prof. Dr. Masahisa Deguchi
Der Rechtswissenschaftler lehrt Zivilprozessrecht an der Ritsumeikan University in Kyoto und ist Alumnus des Ostasiatischen Fachnetzwerks Rechtswissenschaft.

Wichtige Forschung

„Mein Forschungsgebiet ist die Sozialgeschichte Berlins während der Zeit des Nationalsozialismus. Für meine Dissertation untersuche ich unter anderem, wie Juden in Berlin die Vertreibung aus ihren Wohnungen und Stadtvierteln erlebt haben. Ohne Deutschkenntnisse hätte ich zu vielen Quellen keinen Zugang. Und diese Geschichten sind zu wichtig, um nicht erzählt zu werden. Mein erster Deutschkurs an der University of Toronto 2014 war eine riesige Herausforderung: Ich fing bei null an und nach ein paar Wochen haben wir im Kurs schon Dokumente aus dem 19. Jahrhundert übersetzt. Aber ich war entschlossen, das zu schaffen. Die Komplexität der Artikel, der grammatischen Fälle der Wortstellung kann ganz schön frustrierend sein. Was mir gefällt: dass es für manche deutschen Wörter keine direkte Entsprechung auf Englisch gibt. ,Feierabend‘ ist eins meiner Lieblingswörter! Im Sommer 2017 konnte ich mit einem DAAD-Stipendium einen Intensivsprachkurs in Berlin besuchen. Dadurch habe ich mehr Mut bekommen, auch in Alltagssituationen Deutsch zu sprechen.“

Caroline Cormier
Die angehende Historikerin promoviert an der University of Toronto. Sie bewarb sich erfolgreich für ein Intensivsprachkursstipendium des DAAD.

Schönheit der Sprache

„Mir gefällt die Produktivität und Flexibilität der deutschen Sprache, es gibt so viele Möglichkeiten der Wortschöpfung und der Verbflexion. Genau das, was die Sprache so schwer macht, macht sie zugleich interessant und schön. Ich habe Deutsch als zweite Fremdsprache in der höheren Schule gelernt. Die Aussprache ist ganz ähnlich wie in Kisuaheli. In Ostafrika steigt das Interesse an Deutsch seit Jahren, in unserem Masterstudiengang in Nairobi vermitteln wir kommunikative Fertigkeiten für den Beruf ebenso wie Deutsch als Wissenschaftssprache. Ich forsche unter anderem zu deutschen Romanen mit Afrikabezug. In der Region ist das Fach natürlich klein, aber vor drei Jahren konnten wir den Germanistenverband GOZA in Ost- und Zentralafrika gründen. Es hat mich sehr geehrt, den Grimm-Förderpreis zu erhalten. Den Forschungsaufenthalt, den ich dadurch wahrnehmen konnte, habe ich an der Universität Leipzig verbracht. Mit den Kollegen dort bin ich seit vielen Jahren eng verbunden.“

Dr. James Meja Ikobwa
Der Germanist unterrichtet an der University of Nairobi. Er erhielt 2015 den Jacob- und Wilhelm-Grimm-Förderpreis für ausländische Nachwuchsgermanisten.

Gute Investition

„Alle Studierenden an der German Jordanian University verbringen ein Semester an einer deutschen Hochschule und machen ein sechsmonatiges Praktikum in einem deutschen Betrieb. An der Technischen Universität Berlin war es für mich erst mal nicht leicht, denn meine Sprachkenntnisse waren noch nicht gut genug. Die Grammatik war am schwersten. Aber ich finde es gut, dass die Sprache so eine klare Struktur hat. Ich wurde schnell besser und habe den Aufenthalt sogar um sechs Monate verlängert, um beim Unternehmen Continental meine Bachelorarbeit zu schreiben. Das Thema war Prozessoptimierung, alle Gespräche bei der Recherche führte ich auf Deutsch. 2017 habe ich mein Studium abgeschlossen und jetzt arbeite ich bei Microsoft in Am- man, im Support für Firmenkunden in Europa. Da spreche ich fast täglich Deutsch, denn die meisten Kollegen arbeiten in der Niederlassung in München. Die Sprache zu lernen war für mich eine sehr gute Investition.“

Leen Hijazi
Die Wirtschaftsingenieurin aus Amman ist Absolventin der German Jordanian University.

Quelle

© Protokolle: Miriam Hoffmeyer,

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