Transnationale Bildung: Einblicke

Internationale Studierende
© Getty Images/franckreporter

Seit vielen Jahren engagieren sich deutsche Hochschulen im Ausland. An mehr als 60 Standorten der Welt gibt es Studienangebote „made in Germany“. Jedes Projekt der Transnationalen Bildung ist anders, jedes hat seine eigenen Herausforderungen und Besonderheiten. Acht Projekte im Porträt.

1 | GERMAN UNIVERSITY OF TECHNOLOGY (GUTECH), MASKAT

Hohe Praxisorientierung

Das Zusammenspiel von Forschung und Lehre mit der regionalen Wirtschaft steht an der GUTech im Sultanat Oman im Vordergrund. Damit folgt sie dem Modell ihrer Partneruniversität, der RWTH Aachen. Die 2007 gegründete GUTech hat heute rund 1.100 Studierende und ist auf dem Weg, die führende technische Universität der Arabischen Halbinsel zu werden. Rund um den Campus in Maskat ist ein eigenes neues Stadtviertel entstanden.

Neben Ingenieurwissenschaften kann man an der privaten Universität auch Logistik, Tourismus, Stadtentwicklung und Wirtschaftswissenschaft studieren. Bisher gibt es acht englischsprachige Bachelorstudiengänge sowie das Masterprogramm „Petroleum Geoscience“, weitere Master- und Promotionsprogramme sollen in den nächsten Jahren hinzukommen. Die Studierenden lernen Deutsch und haben die Möglichkeit, für einen Gastaufenthalt nach Aachen zu reisen, die Besten können an der RWTH auch ihre Bachelorarbeit schreiben. Wegen der Praxisnähe der Studiengänge sind die Absolventen der GUTech auf dem Arbeitsmarkt der Region sehr gefragt.

2 | GERMAN JORDANIAN UNIVERSITY (GJU), AMMAN

Deutschsprachige Ingenieure

Die besonders enge Verbindung zu Deutschland ist ein Alleinstellungsmerkmal der German Jordanian University (GJU) in Amman: Alle Studierenden verbringen ein Jahr in Deutschland, um dort zu studieren und Praktika bei Unternehmen zu machen. Die 2005 gegründete Staatliche Universität ist nach dem Vorbild deutscher Fachhochschulen aufgebaut. Weil die Wirtschaft der Region viele Ingenieure benötigt, liegt der Schwerpunkt auf technischen Fächern. Gemeinsam mit rund hundert deutschen Partnerhochschulen unter Federführung der Hochschule Magdeburg-Stendal bietet die GJU über 20 Bachelor- und Masterprogramme an.

Außerdem hat sie mit etwa 70 Lehrern die größte Deutschabteilung aller deutschen Hochschulen im Ausland, einen Teil des Nachwuchses bildet die GJU im Masterprogramm „Deutsch als Fremdsprache“ selbst aus. In den letzten Jahren sind Hunderttausende von Flüchtlingen nach Jordanien gekommen. Deshalb wurde der innovative Studiengang „Social Work for Refugees“ konzipiert, der im Herbst startet. Von derzeit rund 4.100 Studierenden soll die GJU noch auf 5.000 wachsen. 

3 | German University in Cairo (GUC), Kairo

Wegweisende Pionierarbeit

Die mit Abstand größte binationale Hochschule mit deutscher Beteiligung im Ausland ist die German University in Cairo (GUC). Die private Stiftungsuniversität mit technisch-naturwissenschaftlichem Schwerpunkt ist innerhalb von 13 Jahren Lehrbetrieb auf fast 12.000 Studierende und Doktoranden gewachsen. In ägyptischen Hochschulrankings steht die GUC regelmäßig auf den vorderen Plätzen, zuletzt gab es etwa zehnmal so viele Bewerber wie Studienplätze. Auf ihrem Gelände entstand auch der erste Industriepark in Afrika und dem Nahen Osten, der mit einer Universität verbunden ist. Unterrichtssprache in den rund 70 Bachelor-, Master- und Promotionsstudiengängen ist Englisch, alle Studierenden lernen aber auch Deutsch.

Mit den Partneruniversitäten Ulm, Stuttgart und Tübingen gibt es einen intensiven Austausch von Lehrpersonal, Doktoranden und Studierenden. Damit noch mehr Studierende Erfahrungen in Deutschland machen können, wurde 2012 der Berliner Campus eröffnet, allein 2016 sind dort mehr als tausend Studierende aus Ägypten zu Gast. Dank eines Stipendien-Sonderprogramms können zum Wintersemester auch einige Flüchtlinge, die in Ägypten leben, ein Studium an der GUC aufnehmen. 

4 | TÜRKISCH-DEUTSCHE UNIVERSITÄT (TDU), ISTANBUL

Engagierte Zusammenarbeit

In kurzer Zeit hat sich die Türkisch-Deutsche Universität (TDU) in Istanbul, die erst vor drei Jahren den Lehrbetrieb aufnahm, einen guten Ruf erworben. Besonders die Rechtswissenschaften ziehen viele Bewerber an, weil neben dem türkischen auch deutsches und europäisches Recht gelehrt wird. Einen Schwerpunkt bilden die Ingenieurwissenschaften mit ihrer stark anwendungsbezogenen Forschung und Lehre. Von Herbst 2016 an bietet die TDU acht Bachelor- und vier Masterstudiengänge an, die gemeinsam mit deutschen Universitäten entwickelt wurden, unter anderen der FU Berlin und der TU Berlin.

Insgesamt gehören 35 deutsche Hochschulen zu dem Konsortium. Die deutschen und türkischen Dozenten unterrichten überwiegend auf Deutsch. Fast alle Studienanfänger der TDU besuchen deshalb eine einjährige Vorbereitungsklasse, um die Sprache zu lernen. Von derzeit rund 900 Studierenden will die Universität mittelfristig auf 5.000 wachsen. Dafür wird intensiv nach Dozenten gesucht, die eine hohe fachliche Qualifikation mit guten Deutschkenntnissen verbinden. Im Herbst werden auch 25 syrische Flüchtlinge ein Studium an der TDU aufnehmen. Die TDU ist ein deutsch-türkisches Projekt mit hoher politischer Bedeutung. Beide Seiten halten auch in der aktuell schwierigen politischen Situation an ihrem Gemeinschaftsprojekt fest.

5 | Vietnamese German University (VGU), Ho-Chi-Minh-Stadt

Mobile Dozenten

Forschung und Lehre sind in Vietnam getrennt. Die Vietnamese German University (VGU) in Ho-Chi-Minh-Stadt ist deshalb die erste Forschungsuniversität im Land. Seit ihrer Gründung 2008 wuchs die staatliche Universität auf rund 1.200 Studierende und Doktoranden. In den elf vorwiegend ingenieurwissenschaftlichen Bachelor- und Masterprogrammen werden deutsche Abschlüsse erworben, zu den Partnerhochschulen gehören die neun größten technischen Universitäten Deutschlands. Die Studierenden können studienbegleitend Deutsch lernen, einige auch für ein Semester nach Deutschland gehen. Mehr qualifiziertes vietnamesisches Lehrpersonal soll künftig die deutsche flying faculty entlasten.

Dafür wurden an der VGU zuletzt mehr als 20 promovierte Dozenten eingestellt. 2014 wurde in Zusammenarbeit mit der TU Berlin ein Schulungszentrum für effiziente und nachhaltige Produktionsmethoden eröffnet. Das 2010 gegründete Verkehrsforschungszentrum VGTRC übernimmt 2017 die Federführung der drittgrößten verkehrswissenschaftlichen Konferenz der Welt, der 12th International Conference of the Eastern Asia Society for Transportation Studies (EASTS). Im Oktober ist der erste Spatenstich für einen neuen großen Campus mit weiteren vier Forschungszentren geplant. 

6 | CHINESISCH-DEUTSCHE HOCHSCHULE (CDH), SCHANGHAI

Gemeinsames Dach

Um Fach- und Führungskräfte für in China tätige deutsche Unternehmen auszubilden, wurde 1998 das Chinesisch-Deutsche Hochschulkolleg (CDHK) in Shanghai gegründet. Die Studierenden der vier ingenieur- und wirtschaftswissenschaftlichen Masterstudiengänge können Doppelabschlüsse der Tongji-Universität und einer der vier deutschen Partneruniversitäten erwerben. Zurzeit studieren am CDHK auch rund 150 Deutsche. Ein Alleinstellungsmerkmal ist die enge Zusammenarbeit mit der Wirtschaft, die 22 Stiftungslehrstühle finanziert. 2004 kam die Chinesisch-Deutsche Hochschule für Angewandte Wissenschaften (CDHAW) hinzu, die mit vier besonders praxisnahen ingenieurwissenschaftlichen Bachelorstudiengängen das deutsche Fachhochschulmodell in China einführte.

Die Tongji-Universität arbeitet bei dem Projekt mit 26 deutschen Fachhochschulen unter Federführung der HS Mannheim zusammen. Sowohl chinesische als auch deutsche Studierende können einen Doppelabschluss erwerben, 2015 waren 35 Deutsche unter den Absolventen. Seit 2011 sind CDHK und CDHAW zusammen mit anderen deutschlandbezogenen Einrichtungen, Partnerschaften und Projekten an der Tongji-Universität unter dem gemeinsamen Dach der Chinesisch-Deutschen Hochschule (CDH) vereinigt. Die CDH dient als Plattform für alle, die sich intensiv mit Deutschland befassen. Im Januar 2016 wurde hier die größte deutschsprachige Bibliothek Asiens mit mehr als 25.000 Büchern eröffnet.

7 | GERMAN-RUSSIAN INSTITUTE OF ADVANCED TECHNOLOGIES (GRIAT), KASAN

Engagierte Kooperationen

Außergewöhnlich schnell startete die erste binationale Hochschulgründung im Ausland mit einem Industriestaat: Nur ein Jahr verstrich von der ersten Idee bis zur Gründung des German-Russian Institute of Advanced Technologies (GRIAT) in Kasan. Die TU Ilmenau und die Universität Magdeburg bieten am GRIAT sechs ingenieurwissenschaftliche Masterstudiengänge nach deutschem Standard an. Ihre Dozenten fliegen regelmäßig zur Staatlichen Technischen Forschungsuniversität in Kasan, um Blockvorlesungen und -seminare in englischer Sprache zu halten.

Die Studierenden verbringen ihr drittes Semester in Deutschland und erwerben nach zwei Jahren einen Doppelabschluss. Die Stipendienkosten trägt, anders als bei vergleichbaren Projekten in anderen Ländern, die autonome Republik Tatarstan. Zu den Unternehmenspartnern des GRIAT gehört der Siemens-Konzern, der Stipendien und Laborausstattung bereitstellt. Ab Herbst 2016 werden gemeinsam mit der TU Kaiserslautern weitere Studiengänge eingerichtet, zudem sollen dann Studiengebühren eingeführt werden. Langfristig soll sich das Institut zu einer deutsch-russischen Universität entwickeln.

8 | KIRGISISCH-DEUTSCHE TECHNISCHE FAKULTÄT, BISCHKEK DEUTSCHLAND- UND EUROPASTUDIEN, KIEW

Deutschsprachige Studiengänge

Seit 1993 fördert der DAAD an Hochschulen der Region Mittel- und Osteuropa sowie der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten „Deutschsprachige Studiengänge (DSG)“, die in Kooperation mit deutschen Hochschulen umgesetzt werden. 2016 werden 32 Studiengänge gefördert. Den überwiegenden fachlichen Anteil bilden die Rechts- und Wirtschaftswissenschaften vor den ingenieurwissenschaftlichen Fächern. Kirgistan hat hohen Bedarf an Ingenieuren, vor allem im Bereich der Energiegewinnung. Deshalb wurde 2004 die Kirgisisch-Deutsche Technische Fakultät an der Staatlichen Technischen Universität Bischkek (KSTU) gegründet.

Gemeinsam mit der Beuth Hochschule für Technik Berlin und der FH Köln bietet sie vierjährige Bachelorstudiengänge in Maschinenbau, Elektrotechnik und Telematik, einer Kombination aus Elektro- und Automatisierungstechnik. 2013 wurde die Kirgisisch-Deutsche Technische Fakultät zum Universitätsinstitut (DKTI) aufgewertet. Der Unterricht in den Studiengängen mit derzeit rund 600 Teilnehmern wird teils auf Deutsch, teils auf Russisch gehalten. Der Austausch von Studierenden und Dozenten sowie Sommerschulen in Bischkek und Berlin fördert den Kontakt zu Deutschland. Partner der praxisnahen Studiengänge sind mehrere deutsche und kirgisische Unternehmen, vor allem aus der Energiebranche.

Entscheidungsträger für die Ukraine bildet seit zehn Jahren das Masterprogramm „Deutschland- und Europastudien“ aus. Darin geht es um die Funktionsweise von Politik, Recht und Wirtschaft in Deutschland und der EU. Entwickelt wurde der Studiengang gemeinsam von der Universität Jena und der Nationalen Universität „Kiewer Mohyla-Akademie“, der ältesten Hochschule der Ukraine.

Die pro Jahrgang etwa zehn Studierenden verbringen das erste Jahr in Kiew, mindestens die Hälfte der Veranstaltungen findet auf Deutsch statt. Im zweiten Studienjahr absolvieren die meisten Teilnehmer ein Auslandssemester in Jena, danach können sie einen Doppelabschluss erwerben. Ohne Deutschlandaufenthalt kann das Studium mit dem einfachen Master der Mohyla-Akademie und einem Jenaer Zertifikat abgeschlossen werden. Die Absolventen arbeiten unter anderem in der Politik, im Journalismus oder in internationalen Organisationen. 

Dieser Beitrag ist ursprünglich im erschienen.

Lesen Sie auch auf dem Alumniportal Deutschland


Um nach deutschen Standards zu studieren, muss man nicht unbedingt nach Deutschland reisen. Studienangebote deutscher Hochschulen im Ausland bringen die wissenschaftliche Ausbildung mit Deutschlandbezug in viele Länder der Welt.

* Pflichtfeld