Bunye Ngene und sein Weg zur deutschen Sprache und Kultur

Portraitfoto von Bunye Ngene
Bunye Ngene aus Nigeria lebt in München. Nach dem Germanistik-Studium hat er sich als Schriftsteller in Deutschland etabliert. Er schreibt vor allem Alltagsgeschichten aus zwei Kulturen. © privat

Manchmal bestimmen Zufälle entscheidende Wegmarken im Leben eines Menschen. So war es auch bei Bunye Ngene. Der 38-Jährige ist in Nigeria aufgewachsen – als jüngstes von neun Kindern. Seinen Eltern war es wichtig, allen Kindern ein Studium zu ermöglichen. Bunye Ngene hatte zunächst keine Idee, was er studieren sollte. Sprachen interessierten ihn im Allgemeinen, jedoch keine konkret. In einer Broschüre mit Studienfächern war auch der Germanistik-Studiengang an der Universität von Ibadan angegeben. Da wurde er aufmerksam.

Deutsche Krimis, Autos und Fußball

„Ich kannte zwar nicht einmal den Klang der deutschen Sprache, Deutschland war mir aber vom Fußball her bekannt, auch die Automarke Mercedes war mir ein Begriff und mir gefielen deutsche Krimis, die bei uns in Nigeria auf Englisch im Fernsehen ausgestrahlt wurden“, erzählt er. Inzwischen lebt Bunye Ngene in München, hat einen Master in Deutsch als Fremdsprache und seit drei Jahren auch die deutsche Staatsbürgerschaft. Um seinen Lebensunterhalt zu verdienen, arbeitet er freiberuflich als Deutschlehrer für ausländische Studierende, Fachkräfte und andere Zuwanderer. Doch sein Herz schlägt noch für etwas anderes: für das Schreiben.

Der erste große Erfolg: „Die Körper, die sich bewegen.“

Im Mai erschien Bunye Ngenes erster Roman auf Deutsch. Verfasst hat er ihn in Englisch. Der deutsche Titel des Buches lautet: „Die Körper, die sich bewegen.“ Es erzählt die Geschichte eines Mannes, der sich von Nigeria aus auf den langen und gefährlichen Weg durch die Sahara und über das Mittelmeer nach Europa macht. Mit dem englischen Originaltext wurde Bunye Ngene Finalist des „Next Generation Indie Book Awards 2021“ und Semifinalist des „BookLife Prize 2021“.

„Aber welche anderen Möglichkeiten hatte man, wenn man mitten im Mittelmeer in einem winzigen Beiboot festsaß, als über sein Leben nachzudenken und darüber, wie die Entscheidungen, die man getroffen hatte, einen dorthin gebracht hatten?“

Bunye Ngene, Die Körper, die sich bewegen

Alltagsgeschichten aus zwei Kulturen

Wie viele andere Autorinnen und Autoren begann er zunächst, Kurzgeschichten zu schreiben. „Ich habe immer gern gelesen und bekam dadurch Ideen für eigene Texte“, sagt er. Meist sind es Alltagsgeschichten, die er literarisch aufarbeitet. Sie erzählen von Migrantinnen und Migranten in Deutschland, vom Leben zwischen zwei Kulturen und auch vom Deutschlernen. Deutschland und Deutsch sind also eine wichtige Inspirationsquelle für sein Schaffen. „In fast allen Geschichten geht es um Nigeria und um Deutschland. Es gibt immer eine Verbindung“, erklärt er. Teilweise schreibt er auf Englisch, längst aber auch auf Deutsch.

Besuch mit Hindernissen

Bei seinem ersten Besuch in Deutschland, 2007 nach dem Bachelorabschluss in Nigeria, hatte er mit der deutschen Umgangssprache noch einige Schwierigkeiten. „Begriffe wie ‘krass’ kannte ich überhaupt nicht“, erklärt er. Mit einem DAAD-Stipendium ausgestattet, nahm er damals an einem Deutschkurs an der Uni in Köln teil. Die Reise bot viele Überraschungen: „Ich hatte keine Vorstellung davon, wie kalt es in Deutschland sein kann. Andererseits hatte ich auch nicht damit gerechnet, so vielen freundlichen Menschen zu begegnen. Schon am Flughafen haben mich drei Leute angesprochen und mir Hilfe angeboten.“

Neue Heimat Deutschland

Zurück in Nigeria arbeitete Bunye Ngene zwei Jahre in der Bibliothek des Goethe-Instituts in Lagos, 2010 erhielt er dann erneut ein Stipendium des DAAD, um an der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität seinen Master zu machen. Seither lebt er in Deutschland. Hier sieht er auch seine Zukunft. An eine Rückkehr nach Nigeria denkt er nicht. Gerade schreibt Bunye Ngene an seinem zweiten Roman. „Diesmal schreibe ich direkt auf Deutsch. Mehr wird nicht verraten.“

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